Unbekanntes Rügen
Zu Besuch beim Johann-Jacob-Grümbke-Aussichtsturm auf dem Hoch Hilgor.
Es gibt Gegenden auf der Insel, die hat selbst manch alteingesessener Rüganer noch nicht gesehen. Das wollen wir ändern und machen uns deshalb an diesem wolkenverhangenen Sonntag im Februar auf in den Norden des „Muttlandes“, genauer gesagt in Richtung Neuenkirchen. Dort wollen wir den Aussichtsturm besuchen, der den Namen des in Bergen auf Rügen geborenen Historikers und Geographen Johann Jacob Grümbke (1771 – 1849) trägt.
Von Bergen führt uns die Allee bei Tempo 80 zunächst ziemlich schnurgerade bis nach Kluis, wo man links wahlweise weiter nach Gingst und in Richtung Ummanz fahren kann oder – wie wir – nach rechts in Richtung Trent/Schaprode und Wittower Fähre abbiegt. Zwei Kilometer weiter dann rechts der Abzweig nach Silenz und Neuenkirchen. Die Straße wird schmaler und die Asphaltdecke welliger.
Die Häuser der vorbeiziehenden Dörfer und Einzelhöfe scheinen tief verschlafen, nur wenige Menschen und ein paar Hühner sind zu sehen. Die Scheibenwischer wischen Regentropfen weg, während der Wagen gemächlich unter knorrigen Alleebäumen auf der mäandernden Straße hindurch gleitet. Im Sommer muss es hier herrlich sein mit der alten Allee und dem immer wieder neuen Blick über Felder und Salzwiesen, über Schilf und Wasser.
Große Hotelanlagen oder Pensionen sucht man hier vergebens, nur wenige Schilder an den Zäunen weisen darauf hin, dass man bei Privat eine Ferienunterkunft bekommen kann.
In Neuenkirchen, dem Hauptort der Gegend, entdecken wir die Werbung für ein Gasthaus, einen winzigen Lebensmittelladen wie zu Omas Zeiten, einen Briefkasten und eine backsteinerne Kirche. Vielleicht beim nächsten Mal einen Besuch wert.
Bevor wir das „Hoch Hilgor“ auf einem Hügel hinter Neuenkirchen erreichen, durchquert die Straße noch eine feuchte, schilfbewachsene Senke. Schilder signalisieren, dass hier ein Otterwechsel ist. Schön, dass diese seltenen Tiere an diesem Ort ein Refugium haben und zugleich auch irgendwie passend, dass die kleine Siedlung hier „Moor“ heißt.
Auf der baumbewachsenen Anhöhe vor uns sehen wir nun den Aussichtsturm, das Ziel unserer Tour. Der Parkplatz direkt davor mag für 20 bis 25 Fahrzeuge ausreichen – heute sind wir die einzigen Besucher hier. Dick eingepackt stapfen wir den Hügel hinauf zum Turm. Es geht ziemlich steil bergan, ein paar nagelneue Betonstufen im Waldboden verleihen Trittsicherheit. Für Leute mit eingeschränkter Mobilität ist das aber leider nichts.
Der Turm selbst ist eine imposante, dreieckige Konstruktion aus verzinktem Stahl. Der hölzerne Vorgängerbau in selber Form war kleiner und musste vor Jahren abgerissen werden – 2018 hat man mit Fördermitteln der EU dann den neuen Turm fertig gestellt. Ein kleiner Walderlebnispfad drumherum soll noch folgen.
Eine Treppe führt 23 Meter über mehrere Ebenen hinauf unters Dach. Zusammen mit der Höhe des Berges befindet man sich nun rund 50 Meter über dem Meeresspiegel und kann an diesem diesigen Februartag leider nur erahnen, welch phantastischer Rundumblick sich bei klarer Sicht über die umliegende Boddenlandschaft und bis hinüber nach Bergen, zur Insel Hiddensee oder nach Jasmund und Wittow auftut. Trotzdem lassen wir im Tosen des Windes die Kamera ein paarmal klicken, bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen.