Wie entstand nun die Schreibkreide, dieser weiße Kalk (Kalziumkarbonat), der die hoch aufragenden Steilufer an Rügens Küste bildet?
Wie bei den meisten anderen Kalksteinen handelt es sich auch bei der Schreibkreide um eine Meeresablagerung. Eine unvorstellbar große Zahl von Kalkschalen und Schalenbruchstücken kleinster Meeresorganismen bildet die Grundmasse. ¾ der Kreide sind winzigste, aus feinsten Kalkschüppchen bestehende Panzer von einzelligen Lebewesen (Panzergeißeltierchen). Nur mit dem Elektronenmikroskop sind Einzelheiten dieser Coccolithen, so ihre wissenschaftliche Bezeichnung, überhaupt erkennbar.
Lediglich 8 Prozent der Bestandteile der Kreide sind größer als 0,1 Millimeter. Schlämmt man die Kreide mit Wasser auf und gießt das Ganze durch ein feines Sieb, kann man die abgesiebten Partikel nach dem Trocknen unter einem Mikroskop betrachten. Schon bei 30- bis 40-facher Vergrößerung erkennt man deutlich die Schalen von einzelligen Wurzelfüßern (Foraminiferen), von Moostierchen (Bryozoen) und von Muschelkrebsen (Ostracoden). Mikrofossilien nennt man alle diese nur mikroskopisch bestimmbaren, dafür aber in großer Menge vorhandenen Reste winziger Organismen.
Milliarden kleiner und kleinster Schalen und Schalenbruchstücke von Meerestieren lagerten sich im Laufe der Zeit am Grund des Kreidemeeres ab. Die Mächtigkeit dieser Ablagerungen wuchs pro Jahr um etwa einen halben Millimeter. In 10 Jahren bildeten sich also fünf Millimeter, in 1.000 Jahren nur 50 Zentimeter Kreide. In der Erdgeschichte aber rechnet man nach Jahrmillionen! Für die Bildung einer 500 Meter mächtigen Kreideschicht wäre also – eine ununterbrochene Sedimentation vorausgesetzt – „nur“ eine Million Jahre erforderlich gewesen. Allein die Kreidezeit dauerte aber 70 Millionen Jahre!